In diesem Blog stellen wir Ihnen in Abständen Digitale Sammlungen, Quellen und Materialien vor. Die Prize Papers, die in Oldenburg in einem von der Akademie der Wissenschaften Göttingen betreuten Langzeitprojekt erschlossen werden, sind noch nicht online, angestrebt wird aber die vollständige Digitalisierung und Veröffentlichung des Bestandes in einer Datenbank.
Die Prize Papers (Prisenpapiere) gehen zurück auf Kaperungen, die im Verlauf der Frühen Neuzeit zur Kriegsstrategie der Seemächte zählten. Das Kriegsrecht erforderte die Klärung der Rechtmäßigkeit von Kaperungen vor einem Prisen- oder Admiralitätsgericht, zu deren Zweck die gesamte Schiffsladung – privates und geschäftliches Schriftgut, Schiffspapiere, Zeitungen, persönliche Gegenstände, Handelsverzeichnisse – sichergestellt wurde. In den National Archives (Kew, London) im High Court of Admirality (HCA) überdauert dieses Prisengut vorwiegend aus der Zeit von 1664-1817 zusammen mit den dazu gehörigen Prozessakten bis heute weitgehend unberührt und unsortiert als einzig erhaltender Bestand dieser Art in Europa.
Diese Überlieferungssituation über mehr als zwei Jahrhunderte hat ein umfangreiches, globales Archiv entstehen lassen, dessen Bestand weder durch die historischen Schreiber selbst oder ihre Nachfahren, noch durch Archivare selektiert oder bereinigt worden ist. Die Prize Papers erlauben so einzigartige Einblicke in vergangene Lebenswelten, historische Selbstverständnisse und zwischenmenschliche Beziehungen, Spracherwerb, Wissenstransfer, politische und wirtschaftliche Praktiken und Prozesse der Verrechtlichung im Kontext der globalen Vernetzung Europas und der Welt.
Der Inhalt der 4.000 Kisten besteht aus geschätzt über 70.000 Privat- sowie Geschäftsbriefe von Seeleuten und Reisenden, von Kauf- und Handelsleuten sowie Auswanderern, daneben unterschiedlichste Schiffspapiere, Manuskripte, Urkunden, Geldnoten, Zeichnungen, Kompositionen, Gedichte, Zeitungen und nicht zuletzt eine große Anzahl noch erhaltener Gegenstände wie Kleidungs- und Stoffmuster, Münzen, Blumensamen und getrocknete Pflanzen sowie Schuhe und Schuhsohlen.
Der Geschichte und der wissenschaftlichen Relevanz der Prize Papers widmen sich Christina Beckers, Dagmar Freist und Lucas Haasis in „Die Prizepapers – Ein Jahrhundertfund“
Unter den Materialien befinden sich auch spanische und portugiesische sowie sephardische Briefe. Große Relevanz haben Quellen zur Karibik und zu Surinam, die u.a. im Habilitationsprojekt von Jessica Cronshagen „Pragmatische Mission oder: Das Problem der irdischen Freiheit. Die Herrnhuter Missionare Surinams als Abolitionisten und Sklavenhalter“ sowie im Dissertationsprojekt von Annika Raapke „Karibische Körperwelten“ untersucht werden.