Geschichten von Räubern und Heiligen

codel

Wie die Biblioteca Criolla  oder die mexikanische Sammlung mit Graphiken von José Guadalupe Posada , die in den Digitalen Sammlungen des IAI bereits online zur Verfügung stehen, gehört die Literatura de Cordel zu den Sammlungen lateinamerikanischer Populärkultur in der Bibliothek des IAI. Mit etwa 8.000 Cordel-Heften sowie originalen Druckstöcken und umfangreicher Sekundärliteratur stellt sie die größte europäische Sammlung dieser Gattung dar.

Literatura de Cordel bezeichnet eine Form der populären Literatur, die in kleinformatigen Heften erscheint. Europäische Erzähltraditionen der frühen Neuzeit kamen mit den Einwanderern nach Brasilien und es entstand eine eigene Literaturform. In den Inhalten mischen sich heute einheimische Legenden mit Berichten über Verbrechen, bedeutsame Ereignisse, das Leben von Heiligen, Sportlern oder Politikern. Die Sprache ist voller Elemente der Mündlichkeit, die Strophen bestehen meist aus sechs Versen zu je sieben Silben. Die Hefte sind zwischen 8 bis 64 Seiten lang und die Titelblätter sind mit volkstümlichen Holzschnitten versehen. Ihren Namen hat die Literatura de Cordel von den Schnüren (cordel), an denen die Hefte mit Klammern aufgehängt und so auf Märkten zum Verkauf angeboten werden.

Die frühesten im IAI vorhandenen Cordel-Drucke stammen aus den 1950er und 1960er Jahren, die Sammlung wird kontinuierlich ausgebaut. Neben Cordel-Heften aus Brasilien stehen auch Facsimile-Drucke spanischer Titel des 18. und 19. Jh. zur Verfügung.

Zu Literatura de cordel siehe auch den im Volltext verfügbaren Aufsatz von Ulrike Mühlschlegel und  Ricarda Musser „De cómo la Donazela Teodora atravéso el mar, se casó con un cangaceiro y finalmente descubrió la cibernética en São Paulo: la literatura de cordel brasileña como medio de masas“ (in: Iberoamericana 2:6, 2002, 143-160) sowie speziell zur Sammlung des IAI den Beitrag von Ricarda Musser „Stories on a string in Berlin: the Cordel Collection of the Ibero-American Institute“ (in: Lynn Shirey: Popular Culture: Arts and Social Change in Latin America. New Orleans, Tulane University, 2014, 45-49).