Einer der interessantesten, produktivsten und bekanntesten Science Fiction-Autoren Lateinamerikas ist gleichzeitig Leadsänger einer Heavy-Metal-Band und sieht selbst geradezu aus wie ein zum Leben erweckter Comicheld: José Miguel Sánchez Gómez, Kubaner, 50 Jahre alt, besser bekannt unter seinem Pseudonym Yoss.
Bereits im Alter von fünf Jahren verschlang Yoss nach eigener Aussage Von der Erde zum Mond von Jules Verne, mit 15 Jahren begann er selbst zu schreiben. Einem größeren Publikum bekannt wurde er im Jahre 1988, als er für Timshel den renommierten kubanischen Literaturpreis „Premio David“ für neue, bisher unveröffentlichte Autor*innen in der Kategorie Science Fiction gewann. Inzwischen hat Yoss unzählige Science Fiction-Erzählungen in verschiedenen Anthologien und insgesamt mehr als 20 Romane veröffentlicht, die vielfach prämiert wurden – viele davon sind in der Bibliothek des IAI vorhanden. Auch mehrere Anthologien hat er herausgegeben, die wichtigste ist wohl Crónicas del mañana. 50 años de cuentos cubanos de ciencia ficción (2008). Mit La quinta dimension de la literatura. Reflexiones sobre la ciencia ficción en Cuba y el mundo (2012) hat er schließlich auch ein Sekundärwerk zur kubanischen Science Fiction verfasst.
Seine Geschichten spielen meist im 24. Jahrhundert, sind oft humorvoll, haben aber häufig einen ernsten Hintergrund und lassen sich oft allegorisch als Kritik an der kubanischen Realität lesen. Häufig ist auch Sexualität ein zentrales Thema. In der wilden Space Opera Condonautas (2013) ist z.B. Sex das verpflichtende Ritual der Kontaktaufnahme, wenn zwei Raumschiffe verschiedener Spezies aufeinandertreffen. Hierfür hat sich unter den Menschen der gutbezahlte und sehr angesehene Beruf des condonautas herausgebildet, dessen Vertreter*innen speziell für diese Aufgabe eingesetzt werden.
Yoss ist nicht nur Science Fiction-Autor, sondern auch literarischer und politischer Aktivist. Er ist Mitglied des kubanischen Schriftsteller*innenverbands, macht seit langem auf internationalen Konferenzen die kubanische Science Fiction-Szene bekannt, organisiert zahlreiche literarische Workshops und äußerst sich auch in internationalen Medien, unter anderem auch zur politischen Situation in Kuba wie hier in der taz. Im Schreiben sieht er auch eine gesellschaftliche Verantwortung: “Usually when people think of sci-fi writers, they think of people who are pessimistic about life. But when we speak about things like an asteroid crashing into our planet, alien invasions, or other kinds of disasters, there’s more to it. This kind of literature is our way of telling people what we can avoid, so that certain things don’t come true. In an ideal world, that is the role of every writer and intellectual.”