Nachdem hier im Blog bereits elektronische Ressourcen für die Forschung zu Kolumbien, Uruguay, Guatemala und zuletzt Chile vorgestellt wurden, soll die Reihe nun mit Brasilien fortgesetzt werden. Gerade weil das Publikationsvolumen in und zu diesem lateinamerikanischen Schwergewicht so hoch ist, kann es mitunter schwierig sein, geeignete Quellen zu finden.
Eine wohl bereits gut Bekannte, aber deswegen nicht minder Wichtige davon ist SciELO (Scientific Electronic Library Online). Zwar werden mittlerweile wissenschaftliche Artikel aus ganz Lateinamerika über diese Plattform veröffentlicht, entstanden ist sie jedoch in Brasilien. Somit sind auch weiterhin die Publikationen aus diesem Land stark vertreten, alle digital und größtenteils als Open Access verfügbar. Hier gilt aber keineswegs Quantität vor Qualität. Ganz im Gegenteil werden nur Veröffentlichungen aufgenommen, welche die von SciELO selbst überprüften Qualitätskriterien erfüllen. Außerdem werden längst nicht nur Zeitschriften indexiert: Über SciELO Books sind auch über 1.000 Monographien verfügbar. Der Sucheinstieg über SciELO ist zwar denkbar einfach, die Oberfläche erlaubt es aber die Suche weiter zu facettieren. Ebenfalls sehr forschungsfreundlich ist, dass die Texte i.d.R. ordentlich mit Metadaten ausgestattet sind, sodass sie besonders zeitsparend von Literaturverwaltungsprogrammen, wie Citavi oder Zotero, erfasst werden können.
Das Portal Periódicos CAPES richtet sich vornehmlich an brasilianische Forschende. Hier können sämtliche (Open Access) Zeitschriften, weltweit und zu allen Themenbereichen durchsucht werden, das Portal greift dabei auf andere Datenbanken wie Directory of Open Access Journals (DOAJ) oder auch SciELO zurück.
Die BDTD (Biblioteca Digital Brasileira de Teses e Dissertações) ist ein Aggregator für Abschlussarbeiten und Dissertationen aus den Repositorien von insgesamt 123 brasilianischen Bildungs- und Forschungseinrichtungen. Man kann nach Titel, Autor:in und Fachdisziplin suchen und die Dokumente als PDF-Datei herunterladen. Wer sich für ganz bestimmte Repositorien interessiert, wird natürlich auch über die Homepage der jeweiligen Institution fündig (Das Instituto Brasileiro de Informação em Ciência e Tecnologia hat jedoch auch diese umfassende Liste zusammengestellt).
Im Bereich der urheberrechtsfreien Materialien sind vor allem die verschiedenen Angebote der Nationalbibliothek bzw. ihres digitalen Pendants (BNDigital) zu erwähnen. Über die Seite der BNDigital gelangt man auch auf spezielle Sammlungen, wie dem Zeitungsarchiv (Hemeroteca digital, mit sämtlichen Periodika aus dem 19. und 20. Jahrhundert, die auch als Volltext durchsuchbar sind) und dem Fotoarchiv (Brasiliana Fotográfica). Besonders (aber nicht nur) für Kunst- und Wissenschaftshistoriker:innen könnte auch das Projekt Brasiliana Iconográfica von Interesse sein, durch das sämtliche Darstellungen mit Brasilienbezug vom 16. bis zum 20. Jahrhundert zugänglich gemacht werden. Hier werden neben der vertrauten Suchleiste auch andere Möglichkeiten der Suche geboten, z.B. nach Personen(netzwerken), Disziplinen oder abgebildeten Regionen.
Graue Literatur kann beispielsweise im Portal des brasilianischen Unterhauses gefunden werden. Sämtliche Gesetzestexte – historisch oder aktuell – finden sich im gut organisierten Portal da Legislação. Für geographische Daten und brasilienbezogene Statistiken – z.B. die Volkszählungen von 2000 bis 2021 – ist das Portal des IBGE (Instituto Brasileiro de Geografia e Estatística) möglicherweise die beste Anlaufstelle. Das IBGE bietet in seiner Bibliothek ebenfalls eine Suchfunktion für die eigenen Publikationen an, wie z.B. die in Open Access publizierte Zeitschrift Revista Brasileira de Geografia. Außerdem präsentiert es alle verfügbaren Materialien zu bestimmten Themenbereichen in kondensierter Form auf speziellen Unterseiten (s. z.B. die Seite zur indigenen Bevölkerung des Landes). Auch Karten lassen sich über das Portal abrufen und herunterladen.
Wichtig im Bereich der Lebenswissenschaften (übrigens für ganz Lateinamerika) ist die BVS (Biblioteca Virtual de Saúde) des Centro Latino-Americano e do Caribe de Informação em Ciências da Saúde (BIREME – OPAS – OMS), allerdings muss man sich zunächst (kostenlos) registrieren, um die Ressource nutzen zu können. Auch das Repositorium ARCA der Fiocruz (Fundação Oswaldo Cruz, welche z.B. mit dem Pharmaunternehmen AstraZeneca den an der Universität Oxford entwickelten COVID19-Impfstoff produziert) erlaubt Zugriff auf vor allem für die Forschung im Bereich der Tropenkrankheiten relevante Dokumente.
Auch Materialien, die klassischerweise nicht in Bibliotheken gesammelt werden, können online gefunden und für die Wissenschaft nutzbar gemacht werden. Comic-Forschende und -Interessierte kommen über den Guia de Quadrinhos zumindest teilweise auf ihre Kosten. Es handelt sich nämlich um die größte Datenbank für digitalisierte Deckblätter von in Brasilien erschienenen Comicheften. Die Universitätsbibliothek Princeton hat außerdem ein ausgezeichnetes Archiv für Ephemera aus ganz Lateinamerika und der Karibik.
Selbstverständlich gibt es auch in Brasilien alternative bzw. kollaborative Archivprojekte, die entweder aufgrund der Relevanz ihrer Materialien oder selbst, als Studienobjekt, interessant sein können, wie z.B. das dem „König“ Fußball gewidmete Blog Arquivos de Futebol do Brasil. Vielversprechend klingt auch das Projekt des feministisch-intersektionalen Archivs Compa – Arquivo das Mulheres das u.a. vom Auswärtigen Amt und vom Goethe-Institut gefördert wurde. Allerdings wartet die Webseite anscheinend noch auf ihren endgültigen Launch (einen kleinen Vorgeschmack erhält man:frau z.B. über Instagram).
Die Oliveira Lima Library geht auf die Sammlung des brasilianischen Diplomaten Manoel de Oliveira Lima zurück und beinhaltet Pamphlete und Monographien des 19. und 20. Jahrhunderts aus Brasilien und Portugal. Das thematische Feld ist hier sehr weit, Schwerpunkte sind aber eindeutig Geschichte, Politik und Literatur. Als IAI-Benutzer:in erhält man ortsunabhängigen und kostenlosen Zugriff auf alle Ressourcen. Darüber hinaus findet sich in unserem Bestand natürlich noch viel mehr zu Brasilien. Wenn über die „Erweiterte Suche“ unseres Online-Katalogs die elektronischen Ressourcen („Online-Zeitschriften“ und „Online Ressourcen (ohne Zeitschr.)“) angeklickt werden, so werden auch nur Ergebnisse angezeigt, die während des Lockdowns bequem von Zuhause aus geöffnet und rezipiert werden können.
Gerne beraten Sie auch per E-Mail (info@iai.spk-berlin.de) oder telefonisch (+49 30 266 45 2210) zu den verschiedenen Ressourcen, sowie zu Ihrem konkreten Forschungsvorhaben.