Die Firmenlogos von Lufthansa und der Sparkasse, die Sport-Piktogramme der Olympischen Spiele von München 1972, die Schrifttype Rotis – die Arbeiten des Designers Otl Aicher (1922-1991) begegnen uns überall im Alltag. Zu seinem hundertsten Geburtstag widmen sich die Medien seiner Biographie – er war ein enger Freund von Hans und Sophie Scholl – , und seinen gestalterischen Projekten, mit denen er die Gesellschaft der jungen Bundesrepublik erreichen und ihr Demokratie und Teilhabe vermitteln wollte.
Ein langjähriger Weggefährte Aichers, ebenfalls 1922 geboren, ist der argentinische Designer, Bildender Künstler und Kunstwissenschaftler Tomás Maldonado ( † 2018). Bereits als junger Mann stand er in Kontakt mit Künstlern verschiedener Bewegungen wie Kubismus, Futurismus, Dadaismus und Konstruktivismus und wurde in den 1940er Jahren zum Mitbegründer der Konkreten Kunst in Argentinien. Dort begründete und leitete er auch Zeitschriften wie Arturo und Nueva Visión.
1954 reiste Maldonado auf Einladung von Max Bill in die Bundesrepublik Deutschland, lehrte dort bis 1966 an der Hochschule für Gestaltung (HfG) in Ulm und übernahm verschiedene leitende Positionen, u.a. war er Vizerektor.
Tomás Maldonado, 2014
Foto: Pietro Luca Cassarino – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=33488268
Hochschule für Gestaltung Ulm
Foto: Hans G. Conrad / René Spitz (Rechteinhaber), CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=17713152
Die Hochschule für Gestaltung Ulm (HfG Ulm) war 1953 von Inge Aicher-Scholl, Otl Aicher, Max Bill und anderen gegründet worden und gilt nach wie vor als die international bedeutendste Design-Hochschule nach dem Bauhaus. Sie war Wegbereiter und Vorbild sowohl für künftige Design-Studiengänge, für weitere Hochschulen für Gestaltung und für das damals neue Berufsbild des Designers. Die Hochschule und ihre Mitglieder standen für ein klares Design, das alle autoritären und pseudofolkloristischen Elemente der NS-Zeit hinter sich lassen wollte. Technische Aspekte standen im Vordergrund. Die Visuelle Kommunikation sollte sich in den Dienst der Gesellschaft stellen und Offenheit und Partizipation verkörpern. Dabei wurde aber – maßgeblich von Tomás Maldonado – eine bewusste Abkehr vom Bauhaus als Vorbild eingeleitet. Mit der Herausbildung des modernen Berufsbilds für Industriegestalter und dem Konzept des „ulmer modell“ gelang es Tomás Maldonado, Industriedesign als wissenschaftliche Disziplin zu verankern.
https://www.wikiart.org/en/tomas-maldonado
1968 wurde die HfG Ulm geschlossen. Bereits zwei Jahre vorher ging Maldonado nach Italien und widmete sich als Professor an der Universität Bologna vor allem der Philosophie und Semiotik. Hervorzuheben ist seine Verbindung von gestalterischer Praxis, Design und Kommunikation. Seine umfangreichen Publikationen zur Theorie des Designs, zu Planung und Umwelt und zur Technikphilosophie machen ihn zu einem Referenzpunkt zeitgenössischen Denkens.
Ausgewählte Literatur in der Bibliothek des IAI:
Giovanni Anceschi: Tomás Maldonado intellettuale politécnico. Milano: Edizioni del Verri, 2020.
Tomás Maldonado in conversation with María Amalia García. New York: Fundación Cisneros/Colección Patricia Phelps de Cisneros, 2010.
Mario H. Gradowczyk (ed.): Tomás Maldonado: un moderno en acción. Ensayos sobre su obra. Caseros, [Buenos Aires, Argentina] : Ed. de la Univ. Nacional de Tres de Febrero, 2009.
Ulmer Modelle – Modelle nach Ulm: Hochschule für Gestaltung Ulm 1953 – 1968. Ostfildern: Hatje Cantz, 2003