Am 4. Juli hat am IAI ein neues Projekt begonnen: die Digitalisierung von 1.600 Zarzuela-Libretti.
Seit seinen Anfängen Mitte des 16. Jh. verbinden sich im spanischen Theater Gesang und Tanz. Die Zarzuela unterscheidet sich durch ihre Mischung aus gesprochenem und gesungenem Text von Anfang an von der Oper, später kommt als weiteres Merkmal der volkstümliche, spanische Charakter hinzu, der sich sowohl in den Stoffen und Figuren als auch in der Orchestrierung mit Kastagnetten und Schellentrommeln zeigt. Im 19. Jh. blüht die Zarzuela im Kontext von Romantizismus und Nationalismus auf, sie vereint Musikelemente italienischen Ursprungs und formale Charakteristika der französischen komischen Oper mit dem folkloristischen Ausdruck der spanischen Tonadilla. Schließlich breitet sich die Zarzuela auch nach Hispanoamerika und bis auf die Philippinen aus und umfasst unter dem Oberbegriff so vielfältige Formen wie sainete, zarzuela grande oder género chico.
Begleitend zu den Aufführungen wurden Libretti gedruckt, die die populären Texte preiswert weiter verbreiten sollten. Die Bibliothek des Ibero-Amerikanischen Instituts besitzt mit über 1.600 Exemplaren eine in Deutschland einzigartige Sammlung dieser auf dünnem, fragilen Papier gedruckten, spanischen und hispanoamerikanischen Zarzuelas aus dem 19. und 20. Jh. Diese werden ergänzt durch Notendrucke mit prächtigen, farbigen Titelgraphiken.
Galt die Zarzuela in der zweiten Hälfte des 20. Jh. als nationalistisch vereinnahmte und eng mit der spanischen Franco-Diktatur verbundene Gattung, so ist seit der Jahrtausendwende ein erneuter Aufschwung in der Aufführungspraxis und ein deutlicher Zuwachs des wissenschaftlichen Interesses festzustellen. Dabei stellt die Verfügbarkeit der älteren Originaltexte, die aufgrund ihres schlechten Erhaltungszustandes in den Bibliotheken und über die internationale Fernleihe oftmals nicht zugänglich sind, ein großes Desiderat für Forscherinnen und Forscher dar.
Mit dem Projekt, gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, werden die Zarzuela-Libretti durch eine fachgerechte Digitalisierung nach DFG-Richtlinien ortsunabhängig zugänglich und für die Forschung nutzbar gemacht. Zugleich wird das vom Papierzerfall bedrohte Kulturgut dauerhaft erhalten.
Nach Abschluss des Projektes Ende 2017 stehen ca. 1.600 Libretti über den OPAC der Bibliothek sowie die Digitalen Sammlungen des IAI zur Verfügung.
In einer Ausstellung im Lesesaal des IAI (9.12.2016 – 31.12.2017) werden die Sammlung des IAI präsentiert, wichtige Komponisten und Autoren vorgestellt und die Entwicklung der Zarzuela vom 17. bis ins 21. Jh. nachgezeichnet. Hör- und Videostationen mit Zarzuela-Aufzeichnungen vermitteln Beispiele der Musikgattung in ihrer Vielfalt.
Ergänzung [12.12.2016]: Inzwischen steht Ihnen der Begleitkatalog zur Ausstellung mit wissenschaftlichen Texten und vielen Illustrationen auch online zur Verfügung.