Wie gestalten Junior-Wissenschaftler:innen ihre Forschungsprozesse – und wie kann der Fachinformationsdienst Lateinamerika, Karibik und Latino Studies sie dabei unterstützen? Unter dieser Fragestellung hatte der FID zum Workshop mit dem Titel „SUCHEN, FINDEN, TEILEN. Werkzeuge zur Recherche, Kooperation und Kommunikation für die Forschung zu Lateinamerika, Karibik und Latino Studies mitgestalten“ eingeladen. An zwei Tagen wurde mit Junior-Wissenschaftler:innen der Lateinamerika- und Karibik-Forschung entwickelt, wie und wo recherchiert, vernetzt und veröffentlicht wird. Der erste Tag stand ganz im Zeichen der Literaturrecherche, der Frage nach Katalogen und Datenbanken, Institutionen und Suchwegen. Der zweite Tag des Workshops widmete sich in Kleingruppen aktuellen Themen wie dem Forschungsdatenmanagement, kollaborativem Arbeiten, Open Access und Digital Humanities sowie Fragen der Vernetzung, insbesondere online. Die Veranstaltung war also keine Schulung, die Recherchepraktiken top-down vermitteln sollte, sondern zielte auf eine gemeinsame Analyse von Recherche- und Vernetzungspraktiken ab, um Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Herausgekommen sind wertvolle Anregungen dazu, wie das FID-Team in Zukunft die verschiedenen Dienstleistungen – von (digitaler) Recherche, Tools für die Wissenschaftskommunikation bis hin zum geplanten Web-Portal – für die Lateinamerika- und Karibik-Forschung verbessern kann.
Breit aufgestellt waren die Teilnehmer:innen des Workshops. Alle Regionen des lateinamerikanischen Raumes waren als Forschungsfelder vertreten, bedeutend für viele Teilnehmende war die transregionale Perspektive und disziplinär spiegelten Fachgebiete von Geographie über Anthropologie, Geschichte und Kunstgeschichte bis hin zu Literaturwissenschaft und Romanistik die Diversität der Lateinamerikaforschung wider. Entsprechend unterschiedlich waren auch die Recherchewege, über die sich die anwesenden Forschenden ihren Themen nähern.
Die Bandbreite der Ressourcen und Dienste, mit denen vor allem im Internet gearbeitet wird, war konsequenterweise das wiederkehrende Thema des ersten Tages: im regen Austausch erläuterten die Teilnehmenden die Bedeutung der verbreitetsten Internetplattformen und Datenbanken für ihre Forschung. Paralleles Recherchieren in verschiedenen Bibliotheken und Datenbanken ist die Regel: eine größere Zentralisierung beziehungsweise Bündelung der Informationsflüsse und bessere Überschaubarkeit der Forschungs- und Quellenlandschaft wurde als Desiderat formuliert. Auch kürzere Online-Schulungen zu konkreten Themen, bspw. digitalisierte Primärquellen, würden die Teilnehmenden begrüßen. Eine erste Hilfe kann dabei auch dieses Hedgedoc bieten, in dem neben anderen Themen auch Links für die regionalbezogene Recherche gesammelt wurden.
Dass Bibliothekar:innen als Informationsexpert:innen sowohl im Ibero-Amerikanischen Institut als auch in den verschiedenen Universitätsbibliotheken helfen können, – und vor allem wollen –, einen Weg durch den Informationsdschungel zu schlagen, war ein wichtiges Ergebnis des ersten Workshoptages. Denn Forschende in einer komplexen (digitalen)Informationslandschaft zu unterstützen, ist eines der Kernaufgaben von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren. Doch noch immer scheuen sich viele Forschende, so die Rückmeldungen beim Workshop, sich bei der Recherche an Bibliotheken zu wenden, auch weil die Suche nach relevanter Literatur als Kompetenz von Forschenden begriffen wird: „Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, Bibliothekare anzusprechen, wenn ich ein Problem bei der Recherche habe“.
Die kostenfreien Angebote wie die Sprechstunde FID Presente oder der neu etablierte FID-Erwerbungsservice, bei dem der FID direkt für die Wissenschaftler:innen Materialien erwirbt, stießen daher bei den Teilnehmenden auf großes Interesse.
Der zweite Tag teilte sich ein in vier Gruppendiskussionen zu den Themengebieten Open Access, Forschungsdatenmanagement, kollaboratives Arbeiten und Digital Humanities. Auch hier kamen zunächst die Forschenden zu Wort. Sie berichteten dabei von viel Initiative, aber auch Problemen und Grenzen. So sei etwa das Publizieren mit Open Access für viele junge Forscher:innen zu teuer, auch wenn großes Interesse an breiterer Zirkulation der eigenen Forschungsergebnisse bestehe. im Bereich des Forschungsdatenmanagements hatten die Teilnehmenden durchaus bereits Kenntnisse über die verschiedenen (technischen) Werkzeuge, die zur Ablage, Speicherung, Auswertung oder Archivierung der Daten zur Verfügung stehen. Hier zeigte sich jedoch eine Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis: Nur wenige haben bereits selbst Forschungsdaten (oder Beschreibungen von Forschungsdaten) publiziert. Auch beim kollaborativen Arbeiten zeigte sich die Kreativität der Forschenden, die unterschiedlichste Wege fanden, auch mit Kolleg:innen aus anderen Weltteilen zusammen zu forschen und zu schreiben – häufig allerdings auf Kosten von DSGVO-konformen, sicheren und kostenfreien Open-Source-Lösungen. Dass schließlich „Digital Humanities“ ein wachsendes Thema ist, konnten Teilnehmer:innen aus ihrem Forschungsalltag bestätigen. Was genau aber verbirgt sich hinter diesem Buzzword, welche Möglichkeiten tun sich konkret in der Wissenschaft auf? Im Anschluss auf den ersten Austausch stellte der Fachinformationsdienst mögliche Problemlösungen vor. So wurde beispielsweise auf die Möglichkeit hingewiesen, Open-Access-Publikationen durch die jeweilige Universitätsbibliothek bezuschussen zu lassen und sich hinsichtlich fallspezifischer Digital-Humanity-Anfragen direkt an die Fachreferent:innen, also die für verschiedene Disziplinen zuständigen Bibliothekar:innen, in Universitätsbibliotheken zu wenden.
Um in Zukunft den Zugang zu den wissenschaftlichen Dienstleistungen des FID Lateinamerika, Karibik und Latino Studies weiter zu vereinfachen und die Vernetzung zwischen Forschenden zu fördern, wurde zuletzt das geplante Webportal des FID vorgestellt.
Hier signalisierten die Junior-Wissenschaftler:innen großes Interesse, vor allem an der geplanten Expert:innen-Datenbank. Ähnlich einem sozialen Netzwerk wird diese Datenbank die im deutschsprachigen Raum arbeitenden, interessierten Lateinamerika- und Karibik-Wissenschaftler:innen, ihre regionalen wie thematischen Schwerpunkte sowie Affiliation und Kontaktdaten erfassen. Die Teilnehmenden regten hierbei an, auch Applikationen zur Vernetzung und interdisziplinären Kommunikation in das Portal zu integrieren.
vorläufiger Design-Entwurf des neuen Portals
Zum Abschluss der zwei ergiebigen Workshop-Tage bleibt vor allem ein großes „Danke!“ an die beteiligten Junior-Wissenschaftler:innen. Ihre Anregungen haben einen bedeutenden Anteil an der Weiterentwicklung der Informationsinfrastrukturen der Lateinamerika-und Karibik-Forschung in Deutschland.
Eine Linksammlung zu im Workshop bereits angesprochenen Werkzeugen, Datenbanken und Katalogen findet sich in einem Hedgedoc und Interessierte finden hier die Powerpoint-Präsentation des ersten Tages.
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