Am 28. Januar 2019 verstarb der guatemaltekische Schriftsteller Humberto Ak’abal, eine der großen Stimmen der lateinamerikanischen Lyrik.
Seine Gedichte schrieb Ak’abal in der Maya-Sprache K’iche’, die in Guatemala mehr als 2 Millionen SprecherInnen hat. In einem zweiten Schritt übertrug er sie ins Spanische und auf dieser Basis entstanden die Übersetzungen ins Englische, Französische, Niederländische, Japanische, Estnische, Arabische, Vietnamesische und zahlreiche andere Sprachen. Die Übertragungen ins Deutsche nahm Erich Hackl, ausgewiesener Lateinamerika-Kenner und vielgelesener Schriftsteller, vor.
Humberto Ak’abal spielte mit der Sprache, er nutzte die lautmalerischen Qualitäten des K’iche’ und ließ auch in den spanischen Übersetzungen immer wieder ein K’iche’-Wort im Original stehen. Die Texte sind meist kurz, aber dicht gewoben, und schöpfen aus dem Bilderreichtum der Maya-Kultur. Bäume, Wolken und Wasser sind belebt und atmen, sie formen den Kosmos und geben den Sinn. Dennoch sind uns Ak’abals Gedichte nahe und bleiben nicht im Exotismus verhaftet, denn die Gefühle und Gedanken, die sie beinhalten – Einsamkeit, Wut, Freude, die Frage nach dem richtigen Weg und danach, wann wir uns selbst betrügen – sind universell.
Seine ersten Texte verfasste Humberto Ak’abal auf Spanisch, aber bereits in den 1980er Jahren fand er seine lyrische Stimme in seiner Muttersprache K’iche’. Dennoch fand er zunächst nur Publikationsmöglichkeiten für die spanischen Gedichte, es dauerte bis 1993, bis Verleger auch die K’iche’-Texte veröffentlichten. Indem Ak’abal die literarische Sprache pflegte, weiterentwickelte und zu internationaler Anerkennung führte, wurde er zu einer zentralen Figur der K’iche’-Kultur und wirkte als Vorbild für viele SprecherInnen dieser Sprache. Über seinen Twitter-Kanal und auf YouTube-Videos erreichte er auch ein Publikum, das den Zugang zu Büchern schwerer fand.
«Kleine Nacht am Fuß eines Baumes» nannte Ak’abal den Schatten. Mit seinem Tod ist dieser etwas größer geworden.