Hefte der argentinischen Science Fiction-Zeitschrift Narraciones terroríficas sind unter Sammler*innen heiß begehrt – die angebotenen Exemplare sind selten und werden oft teuer gehandelt. Woran liegt das? Zum war Narraciones terroríficas zu ihrer Zeit die einzige Science Fiction-Zeitschrift Lateinamerikas, die ausschließlich auf düstere Horrorgeschichten spezialisiert war – zum anderen war sie nach La novela fantástica (1937) die zweite Kioskzeitschrift für Science Fiction in Argentinien überhaupt.
Das Ibero-Amerikanische Institut hatte das Glück, dass sich in einer 2018 angekauften Sammlung aus Spanien ein komplettes Set der begehrten Zeitschrift befand: Damit hatten man nicht gerechnet, denn die erworbene Sammlung umfasste laut Angaben des Verkäufers zum allergrößten Teil Populärliteratur aus Spanien. Frisch ausgepackt stehen die kompletten 76 Hefte nun im IAI und warten auf ihre Katalogisierung.
Veröffentlicht wurde die Zeitschrift Narraciones terroríficas ab 1939 im Editorial Molino Argentina. Die Idee zu einer Zeitschrift für Grusel-Science Fiction stammte von dem spanischen Immigranten José Mallorquí Figuerola, der in den ersten Jahren sowohl die Auswahl als auch die Übersetzung der Geschichten für die Zeitschrift übernahm. Einen großen Teil der Geschichten machten Übersetzungen zeitgenössischer US-amerikanische Erzählungen aus, die von Autoren wie Howard Phillips Lovecraft, Robert Howard und Clark Ashton Smith stammten – sie waren damit oft die ersten Übersetzungen dieser Autoren überhaupt. Eine zweite Gruppe bildeten Übersetzungen der europäischen „Klassiker“ des 19. Jahrhunderts; eine dritte Gruppe von Texten stammte von spanischsprachigen AutorInnen, unter anderem auch von José Mallorquí Figuerola selbst.
Neben ihren Texten bestechen die Hefte der Narraciones terroríficas auch heute noch durch ihre Bildsprache: für die Zeit ungewöhnlich drastische und farbige Abbildungen zieren sowohl die Cover als auch die Innenseiten der Hefte, um die Aufmerksamkeit potentieller Leser*innen auf sich zu ziehen. Die Motive waren oft durch US-amerikanische Vorbilder wie die Zeitschrift Weird Tales inspiriert – im Gegensatz zu ihren Vorbildern zeigten die argentinischen Cover allerdings keine nackten Frauen.
Die über die Jahre abnehmende Periodizität und Seitenzahl deuten darauf hin, dass Narraciones terroríficas kein Verkaufsschlager war, obwohl sie an ein Massenpublikum gerichtet und recht günstig zu erwerben war (zunächst für 50, später für 75 Centavos). Als der Verlag Molino Argentina wegen der anhaltenden Papierknappheit und den vielen Streiks in Argentinien im Jahr 1952 schloss, bedeutete das leider nach insgesamt 76 Heften das Ende für Narraciones terroríficas.